Biographie

Biographie Wes Montgomery

Kurzfassung

John Leslie „Wes“ Montgomery (1923–1968) gilt als einer der wegweisenden und stilbildenden Gitarristen des Jazz. Obwohl er aus einer musikalischen Familie stammt (seine Brüder Monk und Buddy werden ebenfalls erfolgreiche Jazzmusiker), findet er erst relativ spät zu seiner Berufung. Mit 19 Jahren hört er den Gitarristen Charlie Christian, der ihn für die elektrische Gitarre geradezu anfixt. Innerhalb eines halben Jahres bringt sich Wes das Gitarrespielen bei, indem er Soli von Christian kopiert. Von da an ist er nachts als Musiker in den Clubs von Indianapolis unterwegs – zusätzlich zu seinen regulären Jobs, die das Leben seiner immer größer werdenden Familie sichern. Mit Ausnahme eines Engagements im Lionel Hampton Orchestra bleibt Montgomery bis Ende der 1950er Jahre in seiner Heimatstadt. 1959 erhält er einen Vertrag bei Orrin Keepnews Plattenlabel Riverside. Innerhalb weniger Alben spielt sich Wes hier an die Spitze der Jazzszene. Seine eigenwillige Art, die Saiten der Gitarre mit dem Daumen zu zupfen, sein brillantes Oktavspiel sowie die melodische Kraft seiner Improvisationen machen ihn zu einer absoluten Ausnahmeerscheinung im Jazz der frühen 1960er Jahre. Nach seinem Wechsel zur Plattenfirma Verve wird Wes vom dortigen Produzenten Creed Taylor in einen Easy-Listening-Interpreten verwandelt. Vor dem Hintergrund sanfter Streicher- und Bläserklänge spielt Wes eingängige Ohrwürmer, die sich mehr und mehr vom Jazz entfernen. In musikhistorischer Hinsicht erobert Wes dabei zwar Neuland, seine Qualitäten als Gitarrist kommen dabei jedoch nur noch selten zum Vorschein. Eine Ausnahme bildet das 1965 eingespielte „Smokin‘ at the Half Note“, das Wes Zusammenarbeit mit dem Wynton Kelly Trio dokumentiert und als eines der besten Jazzgitarren-Alben aller Zeiten gilt. Der Kettenraucher und Workaholic Wes Montgomery stirbt 1968 an einem Herzinfarkt in seinem Haus in Indianapolis.


John Leslie „Wes“ Montgomery wurde am 6. März 1923 in Indianapolis geboren. Aus irgendeinem mysteriösen Grund hat sich in die neuere Literatur das Geburtsjahr 1925 eingeschlichen. Die meisten Biografien, die online zu finden sind, nennen dieses Jahr, und auch die deutsche Wikipedia nennt dieses Datum (die US-Version ist mittlerweile wieder auf 1923 umgeschwenkt). Das ist jedoch falsch, wie spätestens ein Blick auf den Grabstein Wes Montgomerys zeigt. Hier steht eindeutig 1923–1968, und seine Familie wird wohl am besten gewusst haben, wann Wes Montgomery geboren wurde.

Die Anfänge


Wes Familie war groß und das Geld war knapp. Seine Eltern trennten sich und teilten die Kinder unter sich auf. Wes zog mit zwei Brüdern (darunter der spätere Bassist William Howard „Monk„) und dem Vater nach Columbus, Ohio, kehrte aber später nach Indiana zurück.

In der High School erhielt Wes keinerlei musikalische Ausbildung, allerdings spielte Musik in seiner Familie eine große Rolle. Die Eltern sangen im Kirchenchor, und im Haus der Mutter stand ein Klavier. Der älteste, früh verstorbene Bruder Thomas Jr., genannt „June“, spielte Schlagzeug. „Buddy“ lernte Klavier und „Monk“ spielte Bass. Schon früh waren die Brothers also eine komplette Band. 1935, noch in Ohio, bekam Wes von Monk eine 4-saitige Tenor-Gitarre geschenkt. Tenor-Gitarren sind eine eher seltene Gitarrenvariante. Sie besitzen eine kürzere Mensur und werden in Quinten gestimmt (CGDA). Die 13 Dollar für das Instrument hatte sich der Bruder vermutlich vom Mund abgespart, schließlich herrschte zu dieser Zeit die große Depression in den USA und 13 Dollar waren ein Haufen Geld. Wes selbst behauptete stets, er habe erst mit 19 Jahren ernsthaft angefangen zu spielen, als er sich eine 6-saitige Gitarre gekauft habe. Sein Bruder Monk hat jedoch recht detaillierte Erinnerungen,  dass Wes mit 12 oder 13 Jahren bereits gut spielte: „Er war von Anfang an ganz gut, spielte die richtigen Töne und Akkorde. Als wir wieder in Indianapolis waren, ging er in den Park, spielte Gitarre, und andere Kinder tanzten dazu.“

Wes kehrt mit seinen Brüdern nach Indianapolis zurück, beginnt eine Lehre als Elektroschweißer und heiratet 1943 seine Frau Serena. Um diese Zeit hört Wes zum ersten Mal den Gitarristen Charlie Christian. Für den 19-Jährigen muss dies ein tiefgreifendes Erlebnis gewesen sein, denn am folgenden Tag geht er in ein Musikgeschäft und kauft sich für 350 Dollar eine E-Gitarre und einen Verstärker.

Von nun an nutzt Wes seine freie Zeit, um das Instrument zu erlernen und die Soli von Charlie Christian zu kopieren. In nur acht Monaten ist er soweit, dass er sein Können öffentlich beweisen kann. Mit 20 Jahren spielt er seine Charlie-Christian-Solos regelmäßig im Club 440 in Indianapolis.

Wes Montgomery ist Autodidakt. Alles, was er spielt, hat er selbst von Platten abgehört oder bei Sessions mit anderen Musikern gelernt. Das ist vor allem unter farbigen Jazzmusikern nicht ungewöhnlich. Nur die wenigsten hatten wie Miles Davis einen gut verdienenden Vater, der seinem Sohn das Studium an der Juilliard School finanzieren konnte. Noten zu lesen hat Wes nie gelernt, was später zur Folge haben wird, dass er starke Minderwertigkeitskomplexe entwickelt, wenn er mit traditionell ausgebildeten Musikern zusammenarbeitet, etwa bei den Aufnahmen mit Orchester. Wes ist in diesen Situationen so unsicher, dass seine Produzenten eine damals neue Aufnahmetechnik entwickeln müssen: Zuerst spielt Wes mit der Rhythmusgruppe das Stück ein, erst später werden die Orchesterparts ausgeschrieben und im Overdubverfahren eingespielt.

Andererseits: Hätte Wes jemals seinen ganz individuellen Stil entwickelt, wenn er Gitarrenunterricht bekommen hätte oder wenn es zumindest Bücher gegeben hätte, in denen die Techniken beschrieben werden? Hätte er jemals seine beispiellose Ideenfülle beim Improvisieren entwickelt, wenn er nicht von Anfang an auf sein Gehör angewiesen gewesen wäre? Letztendlich ist wohl das eine nicht ohne das andere denkbar. Oder, wie Ronnie Scott es gesagt hat: „Er spielte unmögliche Dinge auf der Gitarre, weil ihm niemand gesagt hatte, dass das unmöglich zu spielen war.“

Bei Lionel Hampton


Bis 1948 spielt Wes vor allem in lokalen Clubs. Erste weitere Tourneen mit Musikern aus Indianapolis stellen sich als anstrengend heraus. Wes stöhnt verständlicherweise darüber, teilweise 1000 Meilen von einem Gig zum nächsten fahren zu müssen. Mit dem Leben auf der Straße wird er sich nie anfreunden. Auch nicht, als er 1948 die bis dahin größte Chance seines Musikerlebens bekommt: Lionel Hampton kommt in die Stadt und ist auf der Suche nach neuen Musikern für seine Band. Wes geht zum Vorspielen und wird auf der Stelle angeheuert, obwohl er weder Noten noch Akkordsymbole lesen kann. Aber seine Fähigkeit, im Stil von Charlie Christian zu spielen, überzeugt Hampton.

Zwei Jahre bleibt Wes Montgomery in der Band. Am Ende ist es das Touren, das Wes reicht. Er mag nicht länger fort von seiner Familie sein. Außerdem hat er panische Flugangst, weshalb er auch weite Strecken mit der Eisenbahn oder dem Auto zurücklegt, während die anderen Musiker einfach ins Flugzeug steigen. 1950 kehrt Wes nach Indianapolis zurück.

In der Biographie von Wes Montgomery lassen sich die 1950er Jahre auf zweierlei Weise sehen: Auf den ersten Blick ist es das verlorene Jahrzehnt, denn Wes wird erst Ende 1959 das erste Album unter eigenem Namen aufnehmen. Vor dem Jahreswechsel 1957/58 kennen wir überhaupt keine Aufnahmen von ihm (obwohl es einige gibt, die verschollen sind bzw. in igendwelchen Giftschränken vermodern).

Auf der anderen Seite kann man diese Periode auch als Zeit der Reife begreifen. Denn Wes ist in dieser Zeit alles andere als untätig. Neben seinem Daytime-Job, mit dem er seine zuletzt siebenköpfige Familie ernähren muss, spielt er nachts in den Clubs von Indianapolis. Von 9 Uhr abends bis 2 Uhr nachts ist er im Turf Club, danach, oftmals bis in den frühen Morgen, im Missile Club. Hier, in den Clubs, entwickelt Wes sein enormes Talent als Improvisator.

Der Durchbruch


Ende der Fünfziger Jahre wird Wes aktiver. Seine Brüder Monk und Buddy haben in Kalifornien unter dem Namen „The Mastersounds“ Erfolg. Wes reist ebenfalls mehrfach an die Westküste, spielt mit den Mastersounds und bildet gemeinsam mit seinen Brüdern die „Montgomery Brothers“. Bis zu Wes Tod werden die Brüder unter diesem Namen zusammen arbeiten, auch als der Gitarrist längst der Star unter ihnen ist.

1958 beteiligt sich Wes gemeinsam mit den Saxophonisten Jimmy Coe und dem Gitarristen Ronnie Haig an diversen Studioaufnahmen des lokalen Note-Labels, unter anderem für Vokalgruppen wie The Students oder The Five Stars. Die entsprechenden diskographischen Angaben beruhen auf Hörensagen und sind nicht wirklich eindeutig. Auf den entsprechenden Aufnahmen ist Wes (als „rhythm guitar“ gelistet) akustisch nicht eindeutig zu identifizieren. Zwei Aufnahmen, auf denen Wes mitgewirkt haben soll, habe ich bei den „Videos“ eingebunden.

Die wichtigste Wende in Wes Montgomerys Karriere kommt am 7. September 1959 in der Gestalt des Saxophonisten Julian „Cannonball“ Adderley nach Indianapolis. Adderley ist gemeinsam mit seinem Bruder Nat, George Shearing und Lennie Tristano auf Tour. Wes, ein großer Fan von Adderley und Shearing, besucht das Konzert im Indiana Theatre und lädt die Musiker ein, später in den Missile Club zu kommen, wo er mit seinem Trio spielt. Die Musiker kommen tatsächlich, und Adderley ist fasziniert von Wes. „Wir sind nach dem ersten Set nach draußen gegangen und haben ein Telefon gesucht, aber da war keins“, erinnert sich Bruder Nat Adderley an diesen Abend. Doch kaum zurück in New York, geht Julian Adderley zu Orrin Keepnews, dem Boss der Plattenfirma Riverside, um ihm die Telefonnummer von Montgomery mit dem Kommentar in die Hand zu drücken: „Da ist dieser Gitarrist in Indianapolis, den musst du für dein Label haben!“

„Fünf Tage später war ich in Indianapolis und verbrachte acht Stunden in der Turf Bar und dem Missile Room“, erinnert sich Keepnews später. „Als die Sonne aufging über Indiana unterschrieb ich einen Vertrag und gab ihn Wes.“ Er zeichnet Montgomery für seine Plattenfirma und verliert keine Zeit. Am 5. und 6. Oktober, nicht einmal einen Monat nach der Begegnung mit Adderley, stehen Wes und sein Trio in einem New Yorker Aufnahmestudio. Das Resultat ist die LP „A Dynamic New Sound, The Wes Montgomery Trio“. Von jetzt an kann Wes seine Tagesjobs aufgeben und sich auf die Musik konzentrieren. Für vier Monate tourt er mit seinem Trio – Organist Melvin Rhyne und Drummer Paul Parker – durch die USA.


… tbc …

Ein Kommentar

  1. Ich denke, wenn Wes Montgomery ein klassisch ausgebildeter Musiker gewesen wäre, dann hätte er nicht so gespielt wie wir ihn durch seinen Schallplatten kennen. Er hätte natürlich mit Sicherheit auch sehr gut gespielt, aber dafür auch anders, vielleicht ein bisschen alles präziser und exakter, genauer und vor allem zahmer, und auch womöglich ein wenig gerader und flacher. Aber weil Wes eben ein Autodidakt war, spielte er alles nur nach seinem Gehör was bei ihm aber auch sehr gut funktionierte. Er spielte eigentlich deswegen auch ein bisschen krummer, nicht alles zu übergenau auf den Punkt, auch nicht zu exakt, und vor allem nicht so zahm und präzise, sondern eher verwildert. Aber genau das war’s. Denn er spielte alles wie man so schön sagt nämlich aus dem Bauch heraus. Er spielte nicht wie andere gute Jazz-Gitarristen die vor oder zu seiner Zeit auch spielten, sondern in seiner eigenen Art und Weise, und so praktizierte er es auch dominant in seiner Musik. Aber seine größte Stärke lag darin das er seine Musik dem Publikum sehr schmackhaft machte, denn er umhüllte einen Song mit so viel Gefühl und Styl das auch andere bekannte große Musiker auf ihn sehr aufmerksam wurden, und seinen Weg und Beispiel folgen viele Jazzmusiker sogar noch in unserer heutigen Zeit. Denn die Art wie er einen Song interpretierte, brachte er nämlich im eigenem Styl und in seiner ergreifenden Gefühlsweise, und somit serviert er wie zu Lebzeiten auch noch heute dem Zuhörer nicht nur etwas, sondern stets was Besonderes. Und mit dieser seiner Besonderheit in seiner bedeutenden Spielweise, überrascht er Einem immer wieder aufs Neue. Und das Wichtigste, was überhaupt die gesamte Musik ausmacht, geht in seiner Musik auch nicht wie bei vielen Anderen verloren, und dieses ist auch das Geheimnis und der Kern der Musik was nämlich auch den Zuhörer völlig bewegt und ihn in einer wunderbaren Musik verschmelzen lässt. Das aber, bewirkt nur allein die Schönheit der Liebe die nämlich in der Musik auch hinein fließen sollte, und dieses aber wiederum hängt auch allein vom Musiker ab. Wenn Musik kalt praktiziert wird, dann klingt sie auch kalt, und wenn sie warm praktiziert wird, dann klingt sie auch eben warm.
    Darum verstehe ich auch nicht warum bei so vielen Musikern immer wieder die Schönheit in ihrer Musik untergeht. Sie meinen das sie um so mehr und schneller und dazu noch laut ein Lied durch improvisieren können, dann spielen sie schon in der ersten Liga mit, nämlich bei den wirklich großen Elite-Musikern. Wahnsinn, welch ein Unsinnsgedanke. Wes Montgomery ist der beste Weg und auch ein gutes Beispiel für einen Musiker der im Bereich Jazz- Be Bop. spielen möchte. Aber nicht nur in Jazz allein, sondern auch in allen anderen Musikrichtungen kann man die Eliten als Vorbildsmusiker nehmen.
    Denn Musiker wie Wes Montgomery, Joe Pass, und Django Reinhardt, oder Carlos Santana…. Und natürlich auch Bläser wie der große Miles Davis, John Coltrain, Dexter Gordon, oder Charlie Parker und Stan Gaze, so wie auch die Brecker-Brothers, sowie auch die großen Elite-Pianisten, usw….Alle diese großen Musikern spielen mit Bedacht, Aufmerksamkeit und mit viel Gefühl und Herzblut, auch wenn sie große Improvisationen spielen, so haben sie dennoch einen Sinn in das Ganze und spielen dennoch ihre Songs nicht kalt sondern warm. Das macht auch einen guten Musiker aus. Darum als Jazzgitarrist, ist und bleibt für mich immer wieder Wes Montgomery der Vavorit Nr.1.

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