Wes in Europe

Eines der am besten dokumentierten Kapitel im Leben von Wes Montgomery ist sein einziger Aufenthalt in Europa im Frühjahr 1965. Von dieser Tour sind zahlreiche Audio- und TV-Aufnahmen erhalten, deren Datierung jedoch teilweise Schwierigkeiten bereitet.
.
Während Wes in den Monaten vor und nach der Europatournee mit dem legendären Wynton Kelly Trio vor allem in New York abeitete, hatte er für Europa ein Quartett zusammengestellt mit Harold Mabern (p), Arthur Harper (b) und Jimmy Lovelace (dr). Wie der aus Memphis stammende Harold Mabern in einem Interview erzählt, war dieses Quartett in den beiden Jahren zuvor bereits in den USA immer wieder mit Wes auf Tour. Zusätzlich spielte Wes Montgomery mehrfach mit europäischen Musikern.

.

Hier nun eine vorläufige Liste mit Aufnahmesessions in Europa. Von mir nicht verifizierbare Angaben habe ich grau gefärbt:

 

.

20. März, Casino, San Remo
Mit Harold Mabern (p), Arthur Harper (b) und Jimmy Lovelace (dr)
JazzDisco.org listet hier ein privates Tape/Bootleg. Ist mir jedoch unbekannt.

.

25. März 1965, Jazz 625 (TV Show), London
Mit Harold Mabern (p), Arthur Harper (b) und Jimmy Lovelace (dr)
Veröffentlich als Video auf „Wes Montgomery in Europe 1965“ (Impro-Jazz IJ 504) und als Audio auf „Live in Belgium 1965„.

.

27. März 1965, Paris Theatre des Champs Elysees, Paris
Radio-Mitschnitt, veröffentlicht u. a. als „Solitude“, „Live in Paris“ oder „Complete Live in Paris“. 2017 erstmals offiziell als „Wes Montgomery – In Paris: The Definitive ORTF Recording“ bei Resonance Records erschienen.
Mit Harold Mabern (p), Arthur Harper (b), Jimmy Lovelace (dr) sowie als Gast Johnny Griffin (ts)

.

2. April 1965, TV-Show, Holland
TV-Show: Mit Pim Jacobs (p), Ruud Jacobs (b) und Han Bennink (dr)
Veröffentlicht auf der Jazz-Icons-DVD „Live in ’65“

Pim Jacobs hatte damals eine regelmäßige TV-Show im niederländischen Fernsehen. Im Rahmen dieser Sendung spielten viele US-Stars mit dem Trio. Dies erklärt die Besetzung. Bassist Ruud Jacobs glaubt sich zu erinnern, dass die Gruppe noch öfter mit Wes Montgomery gespielt hat, an verschiedenen Ort in den Niederlanden. Dokumentiert ist davon ein Konzert am 4. April im Brüsseler Club Theatre 140 (siehe unten) sowie ein Konzert im Jazz Club B14 Rotterdam (unbekanntes Datum, dokumentiert durch Bilder des Fotografen Henk Visser).

Ein überliefertes, aber leider verschollenes TV-Dokument ist ein Duett, das Wes mit dem niederländischen Jazzgitaristen Wim Overgaauw aufgenommem hat.

.

2. April 1965 (?), Wes Montgomery & Clark Terry, Hilversum
Radio-Aufnahme: Mit Clark Terry (tr), Pim Jacobs (p), Ruud Jacobs (b) und Han Bennink (dr)
Veröffentlicht als CD/LP „Straight, No Chaser“

Hierbei handelt es sich um Aufnahmen mit dem Trompeter Clark Terry sowie Pim Jacobs (p), Ruud Jacobs (b) und Han Bennink (dr). Sie sind zu finden auf der seltsamen CD „Straight, No Chaser“, auf der fälschlicherweise das Mabern-Trio angegeben wird. Die Aufnahmen sind in Holland entstanden, das Datum ist allerdings unbekannt (verm. jedoch am 2. April, ebenso wie die Fernsehaufnahmen). JazzDisco.org datiert die Aufnahme auf den 2. April. Im Gegensatz zur TV-Show haben wir es hier allerdings mit Radioaufnahmen vor einem kleinen Publikum zu tun.

Dazu passen die diskographischen Angaben von Clark Terry, der diese Aufnahmen als „Vara Radio Recording“ in Amsterdam listet, aber auch ohne Datum. Terry listet einmal ein 5-Stücke-Set mit Jacobs, Jacobs, Bennink, zusätzlich aber auch ein 5-Stücke-Set mit Mabern, Harper Lovelace. Die Titel sind gleich, bis auf Rhytm A Ning / Wes got Rhythm, was aber auch das gleiche Stück bezeichnen könnte. Da es sich um Aufnahmen des Senders Vara handelt, wird der Aufnahmeort wahrscheinlich Hilversum (Standort des Senders) sein.

.

4. April 1965, Jazz Prisma TV Show, Belgien
Mit Harold Mabern (p), Arthur Harper (b) und Jimmy Lovelace (dr)
Veröffentlicht auf der Jazz-Icons-DVD „Live in ’65“ sowie als Audio auf „Live in Belgium 1965

Am selben Tag spielte Wes noch ein (vermutlich nicht aufgezeichnetes) Konzert mit dem Pim Jacobs Trio in einem Brüsseler Club.

.

5., 9. und 21. April 1965, sowie 3. und 7. Mai, „Body and Soul“, Ronnie Scotts Jazzclub, London
Mit Stan Tracey (p), Rick Laird (b) und Ronnie Stephenson (dr)
Hierbei handelt sich wohl um Aufnahmen die als „Body and Soul“ veröffentlicht worden sind. Jazzdisco.org listet hier zudem zahlreiche unveröffentlichte „private Tapes“. Da „Body and Soul“ nicht lieferbar ist, kann ich die Angaben nicht nachvollziehen. „Body And Soul“ ist mittlerweile wieder lieferbar.

.

30. April 1965, NDR Studios, Hamburg
Ein TV-Jazzworkshop des NDR (Norddeutscher Rundfunk) mit europäischen und amerikanischen Musikern. Hierbei handelt es sich zum einen um Nonett-Aufnahmen, zum anderen um Aufnahmen mit dem Martial Solal Trio (plus Johnny Griffin auf einem Track). Die Nonett-Aufnahmen wurden im Fernsehen ausgestrahlt, die Quartett-Aufnahmen wurden im Rahmen eines zweistündigen Radiokonzertes am selben Abend im heutigen Max-Liebermann-Studio aufgezeichnet. Sie finden sich auf der CD „Live in Belgium 1965„.

.

7. Mai 1965, Boss Guitar – The Art of Wes Montgomery, Canal+, England
Mit Stan Tracey (p), Rick Laird (b) und Jackie Dougan (dr)
Fernsehshow, präsentiert von Ronnie Scott. Veröffentlicht auf der Jazz-Icons-DVD „Live in ’65“.

.

Während des Aufenthalts in Europa muss es weitere Konzerte gegeben haben. (Sachdienliche Hinweise willkommen)

.

Am 18. Mai ist Wes dann bereits wieder in den USA, um in Rudy van Gelders Studio das Album „Bumpin'“ einzuspielen.

2 Kommentare

  1. Zum NDR-Jazzworkshop am 30.4.1965: Das komplette Konzert fand vor Mikrophonen und Kameras statt, also für Radio und Fernsehen; zum Ensemble gehörten die Saxophonisten Ronnie Ross (der auch das meiste arrangiert hatte), Ronnie Scott, Johnny Griffin und der Österreicher Hans Koller, am Flügel saß Martial Solal, Bass spielte dessen französischer Landsmann Michel Gaudry, Schlagzeug Ronnie Stephenson, damals Haus-Schlagzeuger der NDR-Studioband (heute NDR Bigband). Ausschnitte dieses Konzertes werden im Laufe des Jahres 2020 bei JazzLine/Delta veröffentlicht.
    Michael Laages

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert