Zu den besten Aufnahmen, die Wes Montgomery jemals gemacht hat, gehören die Live-Recordings im Half-Note-Club aus dem Jahr 1965. Es handelt sich um Radio-Sessions, die später teilweise veröffentlicht wurden (u.a. auf Smokin‘ at the Half Note). Eine Reihe von Stücken gibt es allerdings nur als Bootleg, die unter Wes-Fans weitergegeben werden. So auch diese Aufnahme von „Cariba“, eines der bekanntesten (und aufgrund seines einfachen 12-Takt-Akkordschemas oft nachgespielten) Originale von Wes. Ich habe zwei Daten für diese Aufnahme, einmal den 12. Februar und einmal den 24. September 1965. Im ersten Fall hätte Wes mit seinem Mabern-Tour-Trio gespielt, im anderen Fall mit dem Wynton-Kelly-Trio.
Auffällig an dieser Version von Cariba ist bereits der Einstieg. Wes spielt das 12-Takt-Schema nicht aus, geht viel zu früh in den zweiten Durchgang des Themas und man hat den Eindruck, dass er es geradezu vermeidet, das erwartete Blues-Klischee zu bedienen. Im Anschluss an das Thema legt Wes mit einem Singlenote-Solo los, was zunächst gar nicht so wirklich zündet. Erst nach und nach groovt er sich ein, um dann ab etwa 1.50 zum Oktavspiel überzugehen und gleichzeitig die Struktur des Stückes wieder aufzunehmen. Ab etwa 3.00 beginnt er einen völlig anderen Teil, basierend auf seinem Blockakkordspiel. Und ab hier wird es richtig spannend. Für die restlichen knapp 6 Minuten hört Wes gar nicht mehr auf, dem Stück durch sein Akkordspiel und zwischenzeitlich auch wieder Oktavspiel immer wieder neue Richtungen zu geben. Ein großartiges Beispiel für seine Improvisationskraft und Spielfreude.
Viel Spaß beim Anhören.